Zur Junior Softwareentwicklerin in 5 Schritten

07.04.2021 - Tatiana Panferova

Hin und wieder werde ich gefragt, was man beachten muss, wenn man sich Mitte 30 nochmals beruflich neu orientiert. Ganz einfach: Mut fassen und Prioritäten setzen. Klar ist das nicht so einfach, wie es klingt. Klärt man für sich jedoch einige wesentlichen Punkte, wird aus dieser komplexen Entscheidung ein gangbarer Weg sichtbar. Meiner sah so aus:

Schritt 1: Wissen, was man nicht will. Bevor ich mich für den Karriereschritt zur Softwareentwicklerin entschied, habe ich lange im Journalismus gearbeitet und war danach als Fotografin selbstständig. Letzteres erforderte eine grosse Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeit (z.B. Wochenendaufträge), was mit meinem Privatleben langfristig nicht vereinbar war. Auch wusste ich, dass das Thema Kundenakquisition mir persönlich sehr viel abverlangte. Ganz gleich in welcher Branche - eine künftige Tätigkeit sollte diese beiden Aspekte nicht beinhalten.

Schritt 2: Wissen, was man will. Da ich zu dem Zeitpunkt bereits eine Familie hatte war klar, dass ein mehrjähriges Studium nicht infrage kam. Ich suchte also nach einem schnellen Einstieg in eine neue Branche. Mir war wichtig, einen “echten Skill” zu beherrschen. Das neue “Handwerk” sollte mir zudem karrieretechnisch Sicherheit verschaffen. Last but not least war mir das Arbeitsumfeld sehr wichtig: gute Kolleg*innen, ein Büro, in dem man sich trifft, Arbeitsprozesse, die unkompliziert ablaufen. Auf dieser Grundlage wurde mir sehr schnell klar, dass eine Ausbildung im Tech-Bereich für mich infrage kam.

Ich hatte bereits Erfahrung in der IT-Branche gesammelt, während ich als Intranetportal Editor in einer grossen IT Firma in Moskau arbeitete. In dieser Funktion habe ich Artikel über unsere Software-Produkte geschrieben und mein Interesse daran, wie Software tatsächlich gebaut wird, wurde immer grösser. Zudem habe ich die Atmosphäre und die Menschen sehr geschätzt. Ich habe festgestellt, dass meine Kolleg*innen ähnlich denken wie ich und so auch gemerkt, dass ich gerne wieder in der IT arbeiten möchte, aber diesmal mehr als Techie.

Schritt 3: Informationen und Touchpoints. Ich war nicht sicher, ob ich mit meinem Background Entwicklerin werden könnte und dachte erst mehr an eine Position wie z.B. Product Manager. Aber bei der Recherche habe ich festgestellt, dass ich dennoch eine technische Grundausbildung benötige, und, was noch viel wichtiger ist, Erfahrung in der Entwicklung. Also habe ich mich entschieden, ganz von vorne zu beginnen und Webentwicklung zu lernen.

Dazu las ich viele Blogposts von anderen Frauen, die den Quereinstieg geschafft hatten und fühlte mich dadurch ermutigt.

Schritt 4: Ausbildung. So habe ich angefangen, mich über praxisnahe Ausbildungsmöglichkeiten schlau zu machen und ich rate allen, sich damit zu befassen, welche Angebote online oder auf deinem lokalen Markt existieren und dich mit Studierenden oder Alumni der Schule auszutauschen. Gerade im IT-Bereich existiert eine Vielzahl an Anbietern, die mit Crashkursen zum Einstieg in die IT-Karriere werben. Persönlich war für mich klar, dass ich die Ausbildung Vollzeit absolvieren wollte, sie jedoch nur einige Monate dauern sollte. So habe ich mich für einen dreimonatigen Full-Stack Programmierkurs bei Propulsion Academy angemeldet. Die Lernerfahrung war intensiv, jedoch sehr bereichernd.

Schritt 5: Vernetzen, Vernetzen, Vernetzen. Nun hatte ich 3 Monate Programmieren im Rucksack und war voller Hoffnung, eine Anstellung als Junior Softwareentwicklerin zu finden. Entwicklerinnen sind auf dem Arbeitsmarkt bekanntlich sehr begehrt. Schnell musste ich jedoch feststellen, dass dies nicht zwingend für Junior Positionen oder gar Praktika gilt. Auf viele meiner Bewerbungen habe ich keine Rückmeldung erhalten. So schlug ich einen anderen Weg ein. Anstatt mich auf Ausschreibungen zu bewerben, ging ich proaktiv auf interessante Personen oder Unternehmen zu und nahm an Hackathons und Meetups teil. So wurde ich auch auf Simplificator aufmerksam - und sie auf mich. Simplificator führt in ihrem Büro ein wöchentliches Coding-Meetup zu Ruby on Rails durch. Nachdem ich an einem weiteren Meetup bei Simplificator zum Thema Testing teilnahm und mir die Atmosphäre dort sehr gut gefiel, nahm ich meinen Mut zusammen und fragte, ob sie ein Praktikum anbieten. Kurz darauf traf ich mich mit unserem CEO Lukas und durfte dann als Praktikantin starten. Nun bin ich einer Festanstellung als Junior Softwareentwicklerin tätig und mache das, was ich am Anfang meines Karrierewechsels wollte.

Ich wünsche allen, die mit einem Einstieg in die Tech-Branche liebäugeln viel Erfolg, Mut und Ausdauer. Dranbleiben lohnt sich.

Inhalt: Tatiana Panferova
Text und Übersetzung: Patricia Leventis, Miriam Schütz